Wer 1923 eine Million Mark besaß, der konnte sich noch nicht einmal mehr ein Ei leisten. Ganze 210 Milliarden Mark musste man im Inflationsjahr 1923 für ein frisches Hühnerei auf den Tresen legen. Die Menschen horteten ihre Sachwerte, denn Geld konnte in wenigen Minuten massiv an Wert verlieren oder wurde erst gar nicht mehr angenommen.
Die Inflation stellte auch die Rüsselsheimer Volksbank vor eine vermeintlich unlösbare Aufgabe: Ihr einziger Vermögenswert war plötzlich das Haus in der Mainstraße. Es gab fast keine Spareinlagen und kaum Eigenvermögen mehr. Die Bank stand mit leeren Händen da. Zwangsläufig mussten sich die Verantwortlichen nun die entscheidende Frage stellen:
„Soll die Rüsselsheimer Volksbank bestehen bleiben oder aufgelöst werden?“
In der Generalversammlung am 8. Juni 1923 ging es daraufhin turbulent zu. Doch die Verantwortlichen unter dem neuen Direktor, dem Kaufmann Philipp Jung VII. fassten einen mutigen Entschluss für die Zukunft:
Die Rüsselsheimer Volksbank soll allen Widrigkeiten zum Trotz weiterbestehen. Von den Ideen des Genossenschaftsgründers Hermann Schulze-Delitzsch sollten auch kommende Generationen profitieren.
Dass die Rüsselsheimer Volksbank weiter bestehen blieb, erwies sich schon bald als ausgesprochen kluge Entscheidung. Denn mit der Einführung der Reichsmark wuchsen auch die Spareinlagen wieder. 1923 waren es ganze 5,31 Goldmark, 1926 bereits 82.000 Reichsmark und 1929 sind es dann sogar 337.000 Reichsmark. 1929 profitieren die Mitglieder von der guten Wirtschaftslage. Die während der Inflation verloren gegangenen Spareinlagen werden von der Bank freiwillig – im Sinne ihrer Mitglieder – aufgewertet.